Stähle vs. Geometrie bei Messern

  • Hallo Zusammen!


    Es gibt ja immer wieder diverse Trends in der Messerszene und ich habe das Gefühl die vor einigen Jahren, durchaus beliebten, kompakten taktischen Fixed (Klingenlänge bis 10 / 12 cm, dicke Klinge (4,5 - 6,XY mm)) werden (leider) immer seltener. Stattdessen kommen eher leichtere (Klingenstärke 3,5 - max. 5 mm) Modelle auf den Markt, bei denen aber offensichtlich bei der Vermarktung immer mehr Augenmerk auf die Stahlwahl gelegt wird.


    Daher eine "messerphilosophische" Frage eines Laien:


    Kann ich ein Messer , bei gleichbleibender Geometrie, in seiner "Masse" reduzieren, einen "besseren" Stahl verwenden und damit die gleiche Stabilität / Toughness erreichen wie beim ursprünglichen Modell? Also eben ein Messer aus "weniger toughen" Stahl in 5 mm = genau so stabil wie das baugleiche Messer in 4 mm aus "tougheren" Stahl?

  • http://www.crucible.com/PDFs/DataSheets2010/dsS35VNrev12010.pdf


    Am Beispiel CPM S30V versus CPM S35VN


    CPM S35VN ist um ca. 20% zäher als CPM S30V.

    Diesen Prozentsatz kann man auf die Klingendicke umlegen.

    Man kann CPM S35VN von der Klingenstärke her entsprechend reduzieren und hat die selbe Stabilität.

    Oder man behält die Klingenstärke bei und hat eine robustere Klinge.


    Meiner Meinung nach ist aber wichtig, ob ein weitgehender realer Full Tang vorliegt.

    Die robusteste Klinge hilft nicht viel wenn der "Full Tang" aus Gewichtsgründen nur mehr aus 2 dünnen Stäbchen an der Außenseite besteht.

  • Ist das denn dann in der Praxis wirklich so, oder ist das eher ein theoretischer Ansatz?


    Wenn das wirklich so anwendbar ist, würde das ja bedeuten, das "dicke Klopper" obsolet geworden wären, wenn man die selbe Stabilität erreichen kann und dabei aber ein leichteres, besser schneidendes Messer hat?

  • Gute Frage, die mich auch interessiert. Neben der reinen Stabilität kommt imho aber noch ein anderer Aspekt zum Tragen. Zum Hacken ist z.B. ein gewisses Gewicht, am besten verbunden mit einer gewissen Kopflastigkeit von Vorteil. Beides gibt es nur wenn entsprechend Material da ist. Oder für die Spaltwirkung macht es z.B. einen himmelweiten Unterschied, ob ich einen 6mm balligen Schliff oder einen 2,8mm Flachschliff habe. Für mich sind daher dicke Klopper vor allem bei Hack- und Spaltarbeiten nach wie vor ein Thema. Bei reinen Schneidwerkzeugen interessiert mich die Gewichtsersparnis und ggf. bessere Führigkeit allerdings schon.

  • Natürlich gibt es Messer die weiterhin auf gewisses Gewicht oder eine bestimmte Klingendicke angewiesen sind. Mir geht es aber rein darum, ob dieses Prinzip funktionieren kann.


    Die Frage die sich mir stellt, ob zB solche Messer wie ein ER Fulcrum C, was sicherlich unzweifelhaft stabil ist (und ich mag das Teil auch sehr), aber auch ganz schön schwer, noch Sinn machen oder ob man das auch mit deutlicher Gewichtsreduktion durch modernere Stähle in einer Version hinbekommt, die deutlich leichter und führiger ist, besser schneidet, aber eben die selbe Stabilität bezüglich "Missbrauch" aufzeigt. Oder ist das ein Ansatz der eher nur auf dem Papier funktioniert?

  • Ist das denn dann in der Praxis wirklich so, oder ist das eher ein theoretischer Ansatz?


    Wenn das wirklich so anwendbar ist, würde das ja bedeuten, das "dicke Klopper" obsolet geworden wären, wenn man die selbe Stabilität erreichen kann und dabei aber ein leichteres, besser schneidendes Messer hat?


    Ivo Curtis, Mitbegründer von Spartan Blades, hat dies bei der Unternehmensgründung zu den Vorteilen zur Wahl von CPM S35VN gegenüber CPM S30V gesagt. Gleiche Stabilität bei dünnerer Stärke.


    Stabile Stähle sind u.a. CPM 3V, AEB-L und 14C28. Allerdings kommt es auch auf die Härtung an. Allgemein gilt: je geringer die Rockwellhärte, desto stabiler. Oder: im Vergleich zu mittleren stabilen Stählen können hohe stabile Stähle höher gehärtet werden, was der Schnitthaltigkeit zugute kommt.


    Ein Eickhorn KM hat einem Härtegrad von 56 Rockwell, ein stabiler Stahl liegt darüber.

  • Ivo Curtis baut allerdings auch riesengroße Fixed wie z.B. das Horkos aus CPM 45 VN - ich behaupte jetzt einfach mal weil Tim Reeve den Stahl zwischendurch mal für Folder verwendet hat.

    Weiß nicht ob ich auf seine Stahlexpertise jetzt so sehr viel geben würde....

    Zur Ausgangsfrage:

    Ich denke dass das bedingt umsetzbar ist - da eine simple mathematische Formel zu kreieren à la "doppelte Zähigkeit=halbe Klingenstärke" wird wohl eher nicht funktionieren.

    Was physikalisch aber unstreitig sein sollte:

    Selbstverständlich führen unterschiedliche Materialeigenschaften z.B. auch zu gleicher Bruchfestigkeit bei unterschiedlicher Materialstärke.

    Im Extremfall halt Porzellan vs. Kupfer.

    Bei unterschiedlichen Stählen halt weniger eindeutig aber ebenso real.

  • Spartan Blades hat mit CPM S35VN begonnen auf danach generell auf CPM S45VN umgestellt.

    Die Klingvenlänge vom Horkos ist unter 15cm.

    Es gibt ein Spartan Bowie mit 8,5 Zoll in CPM 3V.

    Meines Wissens war Chris Reeve bei der Entwicklung eingebunden.

  • Guten Tag,

    Ich kann und will hier keine endgültige Antwort auf die Frage abgeben, die im ersten Beitrag gestellt wurde, es sind augenscheinlich zu viele Faktoren im Spiel.


    Aber ob man einfach eine Klinge aus einem höherlegierten Stahl in schlankeren Dimensionen nehmen kann um ein Messer mit größeren Dimensionen zu ersetzen, das hört sich zwar aufgrund der Datenblätter einfach an, aber ich wage mal zu behaupten, so einfach ist das bestimmt nicht, zumindest was Stabilität in Hinsicht auf Mißbrauch betrifft.


    Die Klinge aus einem niedrig legiertem Stahl, nehmen wir einfach einen Legierungsbestandteil von 2 Prozent, hätte dann einen Anteil der Eisenmatrix von 98 Prozent, die gleiche, schlanker dimensionierte Klinge einen z B. Legierungsanteil von 20 Prozent und die Eisenmatrix würde 80 betragen.

    Die Rechnung ist natürlich Mumpitz, weil bei dem schwereren Messer die Masse der Eisenmatrix noch größer ausfällt. Die Eisenmatrix ist ja doch irgendwo auch für die Stabilität nicht ganz wegzulassen.


    Es geht mir nur um die Stabilität an sich, Schneidleistung mal außen vor gelassen.


    Aber das ist alles nur Gerede, man müsste beide Klingen den gleichen Belastungen aussetzen, um letztendlich Gewissheit zu bekommen.


    Ich kann jetzt komplett falsch liegen, aber ein Axtgehäuse aus C60 wäre mir lieber als eines aus s90v, rein gefühlsmäßig. Natürlich will ich auch in keinem Flugzeug sitzen, dessen Triebwerksteile aus C60 bestünden.


    Viele Grüße

    Roman

  • Guten Tag,

    Ich muss mein Geschreibsel, was ich hier verfasst hatte, revidieren, es ist alles viel komplizierter als von mir gedacht.

    Ich hätte zuerst nachlesen sollen


    Viele Grüße

    Roman

    panta rhei

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