Stahlanalyse eines chinesischen Serienmessers - Kizer 412A1

  • Hallöchen zusammen!
    Freundlicherweise wurden dem Chef der Blade-Community (Nordwind) auf seine Anfrage hin vom chinesischen Messerhersteller "Kizer" zwei Messer für einen Passaround zur Verfügung gestellt. Im Anschluss an diesen sollte eine Materialanalyse des Klingenstahls eines Messers durchgeführt werden.
    Insbesondere die "Echtheit" des angegebenen Messerstahls ist ja oft ein Unsicherheitsfaktor nicht-europäischen bzw nicht-amerikanischen Serienmessern.
    Dieses Messer war dafür prädestiniert, da es sich bei diesem Messerstahl, laut Hersteller, um S35VN handelt. Einem der eher teureren Stähle.


    Es wurden durchgeführt:
    REM-EDX Analyse
    Härtemessung (Rockwell C)
    Funkenspektroskopie


    Um kurz die Pointe vorwegzunehmen, es ist der angegebene Stahl.


    REM-EDX:
    Bei der Rasterelektronenmikroskopie bzw. der zusätzlich durchgeführten Energiedispersiven Röntgenspektroskopie wird das Messer mit einem Elektronenstrahl abgelasert um ein vergrößertes Bild zu erzeugen.
    Diese vergrößerte Aufnahme wird weiterhin mit Elektronen beschossen, wodurch die getroffenen Elemente reagieren und eine elementspezifische Resonanz abgeben.
    Dadurch lässt sich die Zusammensetzung analysieren (so zumindest die laienhafte Erklärung). Der grosse Nachteil dieser Methode: Es betrachtet nur die Oberfläche, daher ist idealerweise eine Bruchstelle zu betrachten.


    Hier die Klinge beim Einlegen in die Vakuumkammer (der ganze Apparillo ist raumfüllend):



    Das ganze ergibt dann so Aufnahme (1000-fache Vergrösserung) mit den jeweils erkannten Elementen (nur eine Auswahl):



    Ergibt eine Zusammensetzung von:



    Der Experte erkennt sofort, über 5% Kohlenstoff kann nicht stimmen. Trotz unterschiedlicher Betrachtungspunkte und Vergrösserungen ergaben sich nur kleine Änderungen der ermittelten Zusammensetzung.
    Wir denken, dass das Stonewashen mit Siliziumkarbidsteinen die Oberflächen mit Schleifstaub versehen hat, der die Analyse beeinträchtigt hat.
    Damit war die Untersuchung nichtig, was blieb war eine Nahaufnahme :)


    Härtemessung Rockwell C:
    Ich denke zur Rockwellhärtemessung muss ich nicht viel sagen.




    Das Ergebnis der Härteprüfung ist hier abgebildet:



    Wieso die Härte an der Klingenwurzel abfällt ist leider nicht klar, möglicherweise wurde die Klinge dort während des Härteprozesses gehandhabt.
    Nichtsdestotrotz sind 54°HRC kein allzu schlechter Wert und im relevanten Bereich der Schneide befinden wir uns bei durchschnittlich 58°HRC.


    Funkenspektroskopie:
    Unglücklicherweise erfordert die Analyse der Funkenspektroskopie eine plane Prüfstelle von über 10mm.
    Dies war leider nur an der sichtbaren Stelle möglich, nichtsdestotrotz betrachte ich das Ergebnis doch als aussagekräftig. Ideal wären 5 Messungen an verschiededenen Stellen.



    Vergleich der angegebenen Elemente mit denen der Funkenspektroskopie:
    Kohlenstoff: 1,4 % (1,3%)
    Chrom: 14% (14,19%)
    Vanadium: 3% (2,94%)
    Molybdän: 2% (1,93%)
    Niob: 0,5% (0,407%)


    Auf Grund der nur geringen Abweichungen der enthaltenen Legierungselemente kann man davon ausgehen, dass tatsächlich der angegebene Stahl verwendet wurde/wird.
    Die vorkommenden weiteren Elemente sind vermutlich durch allgemeine nicht-eliminierbare Verunreinigungen des Stahles erklärbar.


    Mit freundlichem Gruß
    Pascal

    "Konstrukteur von titanenhaften Endzeitwaffen" + "mit empfindlichem Magen"
    Juchten, 2011 + Der Uffpasser, 2012 ;)

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  • Krass! Vielen Dank fürs Zeigen, ich habe so eine Analyse, insbesondere so eine professionelle Stahlanalyse, noch nie gesehen! :thumbup:

    #9: Never go anywhere without a knife!


    Ich bin gegen Gewalt aber für Gegengewalt.

  • Auch hier nochmals ein Danke, an Pascal, das er die Materialanalyse für die http://www.bladecommunity.de/ durchgeführt hat.
    Pascal hatte mich auch vorher gefragt, ob er diese hier veröffentlichen kann und da es sicherlich auch hier für den einen oder anderen interessant ist, freue ich mich, das er es auch hier postet hat.

    Grüße Frank

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  • Hallo,
    na da habe ich ja Glück gehabt bei der Auktion.
    Danke für das Zeigen.


    Gruß


    Marc

    ________________________________________________________________________________________________________
    Ich investiere in Stahl und Licht

  • Hallo,
    na da habe ich ja Glück gehabt bei der Auktion.


    Und wie, ich habe damals das Auktionsende tatsächlich verpasst 8)


    Die Analyse habe ich gerne gemacht, es hat mich ja auch interessiert ob die Stahlangaben korrekt sind.

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  • Was noch mehr Klarheit schaffen könnte wäre eine ToF-SIMS Analyse (Time of Flight Sekundärionen-Massenspektrometrie) an einer Bruchstelle, bei der nicht nur die Elemente sondern die tatsächliche Verbindung zum Vorschein kommt. Aber das ist leider sehr kostenintensiv und wenig verbreitet. Aber es ist ein interessantes Ergebnis und schafft schon mal ein wenig Klarheit.
    Mein Doppelrespekt für den Einsatz :thumbup:


    Gruß Oscar

  • Klasse Arbeit Pascal. Nicht nur der Beweis, das man auch wirklich den Stahl erhält den man kauft, auch das Aufzeigen der Vorgehensweise ist für mich sehr interessant.


    Ich würde ja sagen das ich mir solche Tests öfters wünschen würde, jedoch wird man wohl nicht so leicht an Messer zum Testen rankommen......



    Weiter so :D

    Mfg Andreas




    Ist das Spiel vorbei, landen Bauer und König in der selben Kiste.

  • Hallo Oscar, das wäre der nächste Schritt gewesen, wenn auch dieses Verfahren kein eindeutiges Ergebnis gebracht hätte.


    Hi Andreas, wie geschrieben wurden der http://www.bladecommunity.de zwei Messer für einen Passaround zur Verfügung gestellt und eins war für eine Materialanalyse vorgesehen und die hat Pascal wunderbar umgesetzt.


    Hi John-117, dann aber ohne die BC ;)

    Grüße Frank


  • Hi Andreas, wie geschrieben wurden der http://www.bladecommunity.de zwei Messer für einen Passaround zur Verfügung gestellt und eins war für eine Materialanalyse vorgesehen und die hat Pascal wunderbar umgesetzt.



    Hallo Frank,


    das habe ich schon nicht überlesen woher das Messer stammt, jedoch wird das auch nicht täglich vorkommen das jemand eben ein Messer zur Verfügung gestellt bekommt um solche Tests damit durchzuführen....

    Mfg Andreas




    Ist das Spiel vorbei, landen Bauer und König in der selben Kiste.

  • Hallo David,
    es wurde nicht nur zur Verfügung gestellt, sondern von dort aus wurde alles organisiert.
    Ausgelöst wurde alles durch wiederkehrende Diskussionen über China Messer.....
    Es wurden auch Messer von Reate Knives / Horizon B und das Real Steel / Carson Lab Megalodon.
    Die Bericht sind auch für Außenstehende sichtbar, hier der Link: http://www.bladecommunity.de/b…ws/board397-passaround-s/

    Hallo Andreas, da es keine Benchmade's waren, viel es mir recht leicht :)

    Grüße Frank

  • Hat es hier im Forum schonmal eine Gefügeanalyse gegeben? Oder irgendeine andere Zerstörende Prüfung?
    Das würde ich wirklich mal interessant finden, denn da käme man noch ein wenig mehr dahinter welcher Hersteller was wie im Griff hat und sich welche Mühe gibt.

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