"Es liegt mir auf der Zunge..." - Meine favorisierte Stiefelmesser-Trageweise

  • Seit vielen Jahren meist mit mehr als einem Messer unterwegs, trage ich schon SEHR lange auch häufig ein Messer am/im Stiefel. Da ich fast täglich hohe Schnürstiefel trage (...lustiger Gegensatz: während manche Kollegen froh sind, endlich in Halbschuhe zu kommen, bin ich bei den wenigen Halbschuh-Gelegenheiten immer wieder froh, in meine Boots zu steigen :) ), ist dazu technisch auch eigentlich jeden Tag Gelegenheit...



    Die Position am Stiefel wäre für mich NICHT die für einen Solospieler - bei aller Diskretion ist diese Position in manchen Haltungen nicht schnell, bequem und diskret genug zu erreichen. Als Trageposition für ein Sekundärmesser - ergänzend zu einem auf Hüft- oder Brusthöhe getragenen Primärmesser - hat die Position aber Vorteile:
    Das Messer ist von der Position her im Sitzen in Fahrzeugen oder am Tisch gut zu erreichen, wo der Zugang zu einem Primärmesser ggf. durch Sicherheitsgurt oder Platzmangel behindert wird. Auch in einer Situation, in der ein Angreifer - insbesondere durch Draufliegen - meinen Torsobereich blockiert (am Boden) kann ggf. ein Sekundärmesser am Bein noch erreicht werden.


    Bei einem vollen Ausrüstungsprogramm verbleibt am zur Positionierung "kostbaren" Torsobereich evtl. auch nicht der Platz für ein Sekundärmesser, vor allem aber sind es die oben genannten Aspekte einer Zugänglichkeit auch bei einer von der Norm abweichenden Körperposition, die für das Boot-Knife als Sekundärmesser sprechen können.
    Nimmt man den Aspekt eines Messerzugriffs durch die Messer-Sekundärhand bei anderweitig blockierter MesserPrimärhand hinzu, bietet sich für den Messer-Rechtshänder ein Tragen am linken Stiefel an.


    Bei mir persönlich kommt hinzu, daß ich als Messer-Rechtshänder kurioserweise Linksschütze bin, somit das Primärmesser rechts und die Kurzwaffe links trage - dementsprechend folgerichtig nach den o.a. Überlegungen ein Sekundärmesser am linken Boot.


    Nun kennt so ziemlich JEDER, der schon mal nen Western gesehen hat, die Trageweise eines Boot-Knifes entweder im Schaft des Stiefels oder außen am Schaft befestigt genau seitlich, links also auf "9 Uhr". Das hat zwei Nachteile:
    IM Schaft getragen, neigt die Sache dazu, nach einigem Marschieren ggf. zu drücken und/oder zu scheuern. Zweitens gilt dazu das von Tony Lennartz kundig irgendwann Eingeworfene: In enger Umgebung, bei Durchqueren von Vegetation usw. neigt das Messer bei dieser Position, besonders bei äußerer Befestigung, schlimmstenfalls dazu, sich irgendwo zu verfangen oder verloren zu gehen....


    Bequemer ist zudem die Position IM Schaft auf "7 Uhr" statt auf "9 Uhr" - also zwischen Außennöchel und Achillessehne. Dort ist - anatomisch bedingt, meist genug Raum im Stiefel, und das Drücken gegen die Knochen wird deutlich reduziert. Das von Tony erwähnte Risiko wird reduziert, jedoch nicht ausgeschaltet.
    Sicherer wäre allenfalls eine Trageweise auf "5 Uhr" links, also zwischen Innenknöchel und Achillessehne.
    Das mag aber nicht jeder beim Laufen haben.


    Alle diese Positionen haben zudem den Nachteil einer vergleichsweise schlechteren Zugänglichkeit (beim Tragen auf der Innenseite zudem ohne breiteren, "öffnenden" Stand) insbesondere durch die andere, in meinem Fall die rechte, Hand.


    Nun ist es unter dem Aspekt der möglichst alle Lebenssituationen abdeckenden maximal flexiblen Zugänglichkeit zum Messer natürlich eine gute Sache, das Boot-Knife bedarfsweise auch mit der anderen Hand ohne "Gehampel" greifen zu können.


    Zusammenfassend: NATÜRLICH kann man ein Boot-Knife in diesen Positionen tragen, auch ich mache das mit solchen, die sich für die nachfolgend vorgestellte Trageweise größenmäßig nicht eignen, immer noch und gern. Mit dem kleinen BJ Halo Boot Knife habe ich mir ja auch erst kürzlich eines für diese klassische Trageweise gekauft und trage es nun gern, nachdem ich die Mängel der Scheide behoben habe...Aber es geht mit einem geeigneten Messer bequemer und vielseitiger:


    Das Messer wird - wie oben abgebildet - vorn auf der Stiefelzunge mit eingeschlauft.
    In dieser Position drückt und scheuert gar nichts, auch bei 30 km zu Fuß.
    Ich bin damit schon durch allerlei gekrochen, ohne je eins zu verlieren.
    Und das Messer ist mit beiden Händen sehr gut zu erreichen.


    Wird das Hosenbein über dem Boot getragen, ist das Messer vergleichsweise gefühlt besser zugänglich als in der klassischen Seiten-Trageweise (das Messer ist dann übrigens auch fast nicht zu sehen). Über der Hose getragen, ist die Zugänglichkeit gefühlt ebenfalls gleichauf bis besser, bei Ergreifen mit der "anderen" Hand auf jeden Fall besser.


    Natürlich habe ich das nicht erfunden, sondern mir durch Vorbild angeeignet, bin von dieser Trageweise aber nach jahrelanger Praxis sehr überzeugt. Den "Mehraufwand" beim Stiefelschnüren bemerkt man bei eintretender Gewohnheit übrigens bald fast nicht mehr :)


    Oben auf dem Bild mein absoluter Normalgebrauchs-Favorit für diese Trageweise gemeinsam mit einem Neuzugang, der diese Position beim Arbeiten nun wohl öfter einnehmen wird:


    Spartan Blades Enyo und Benchmade SOCP


    Hier noch mal im Direktvergleich...



    Das Spartan ist für den Alltagsgebrauch vielseitiger, zudem ist es keine HuS-Waffe und damit auch problemlos "wandertauglich". Der SOCP-Dagger ist hingegen ein SEHR gutes Backup-Tool und läßt sich durch den Ring bestens instinktiv schnell und sofort sicher erfassen und ziehen...


    Ein paar Links zu dem Messer finden sich hier:


    Was habt ihr heute bekommen, was morgen? Nr. 11



    Und hier eimal eine Auswahl der Messer, die sich seit geraumer Zeit durch ihre Größe und Bauart sowie die Befestigungsmöglichkeiten besonders bei mir für diese Trageweise qualifiziert haben:



    Ganz oben das Spartan Enyo, darunter Raidops CQB-F4 (glücklicherweise noch eines der alten :) ), Benchmade SOCP Dagger, Fox FKMD UTK (Single Edge), darunter ein HAK-Klon, Gerber Ghostrike und Extrema Ratio N.K. 3


    Randbemerkungen: SOCP und UTK folgen einer ähnlichen Grundkonzeption, das Scheidensystem des UTK ist klasse, die Ergonomie allerdings der des SOCP imo unterlegen. Die Scheide des HAK-Klons (insgesamt ein Zwanni....) ist imo deutlich besser als jedes Boltaron-Ärgernis von Spyderco, das ich schon in der Hand hatte. Das Gerber ist ein praktisches kleines Ding, auch der Preis ist gut, und der gummierte Griff liegt wirklich sehr brauchbar in meiner Kinderhand. Und ich oute mich als "tactic-eitel" und gestehe gern, daß ich das ER N.K.3 schon sehr gern zu Dark-Camo-Plünnen trage, weil das sehr gut miteinander harmoniert. Auf "Tactical" nicht nur funktional, sondern auch ästhetisch zu stehen, heißt ja nicht, KEINEN Geschmack zu haben, sondern nur einen anderen :)


    Interessieren würde mich natürlich, ob auch jemand von Euch diese Trageweise praktiziert - mit welchem Messer und mit welchem Eindruck.

  • Bisher in meinem Messer Leben noch nicht praktiziert .
    Aber bekannt ist sie mir ja länger. Auch seit dem ich von Dir lese.


    Wesentliches hast Du ja schon erwähnt ...
    Nicht ausschließlich für Solo Spieler gedacht. .


    Je nach Job und Situation hat diese Trage - Postion sicher ihre Vorteile .
    Sitzend , hockend , liegend ...man landet ja manchmal schneller wie man möchte tief unten.


    Interessante Aspekte ,Micha.


    In den letzten Jahren laufe ich eher in 3/4 und satten Halbschuhen ...
    daher habe ich zur Zeit kein geeignetes Schuhwerk um es mal zu testen. Steht noch aus.


    Für mich hat sich die Höhe Oberkörper bis Oberschenkel ,als Platz ,in all den Jahren ganz gut bewährt.
    Wobei ich nicht Deinen Job ausübe :)


    In meiner aktiven Springer Zeit ,da hatte das Kappmesser seinen festen Platz ...das war auch wirklich sinnvoll.
    Dort wo die Hand beim Sprung/Fall gut hinkommt ...

  • Gute Güte, bin ja auch nicht James Bond :)


    Aber es ist halt eine Sache der Gewohnheit geworden und macht auch zivil/privat Sinn:
    Ein Primärmesser mag man ja auch mal in der Jacke haben, wenn man draußen unterwegs ist.
    Legt man die ab, muß man umpacken. Oder man hat das Primärmesser am Gürtel oder in der Hosentasche und dann ne dicke Winterjacke drüber, mag aber auch nicht unbedingt ein Koppel mit nem Messer über der Jacke tragen. So hab ich aber zumindest immer das Boot-Knife gut zugänglich dabei...
    Ich trag das jedenfalls fast ständig so, nicht nur beim Arbeiten :)

  • Es macht auch einen Sinn , Micha.


    Aber auch Unterschiede zwischen uns Beiden ist der ...ich habe nicht dieses Schuhwerk.
    Wenn, wäre sicher schon was angebändelt worden.


    Auch an Kleider , und "anderem" beschäftige ich mich öfter über das Befestigen einer Kydex , LH...
    Oder auch über das annähen einer zusätzlichen Tasche.

  • Gute Güte, bin ja auch nicht James Bond


    Micha, hat evtl. dein Stiefel noch eine Klinge zum vorschnellen in der Sohle versteckt :scratch:
    Hast du schon mal darüber nachgedacht ein Reisverschlusssystem für deinen Stiefel zu benutzen, darunter dürfte das Messer nicht mehr zu sehen sein.

    Ohne Ziel ist jeder Schuss ein Treffer.
    Es gibt Tage da wirst du mit dem Kopfschütteln einfach nicht fertig.

  • Crusader: Der Rest an Sichtbarkeit stört mich persönlich nicht.
    Das wäre aber eine interessante Sache für diejenigen, die auf diesen Aspekt mehr Wert legen.
    Tatsächlich kann ich mir gut vorstellen, eines dieser einschlaufbaren Zipper-Systeme vor einem dann zwischen Zipper-Einlage und Zunge befestigten Messer anzubringen. Die Scheide wäre dann komplett verdeckt. Das wäre insbesondere eine interessante Sache für Messer wie UTK und SOCP, die dann ja nur mit dem Ring am oberen Ende knapp herausragen müßten...

  • Ich bin inzwischen fast nur noch Halbschuh-Träger, hatte aber früher, als ich noch ein Stiefelmesser trug, ähnliche Gedanken. Ich war immerhin auch schon darauf gekommen, das Messer innen am Bein zu tragen, also linkes Bein 3-Uhr bzw. rechtes Bein 9-Uhr.
    Falls ich mal wieder dazu kommen sollte, ein Backup am Stiefel zu tragen, dann auch vorne "auf der Zunge".


    Alternativ könnte ich mir auch diese Trageweise vorstellen, die auch schon angesprochen wurde:
    https://www.youtube.com/watch?v=v7cEnaXU8Ec ;)

  • Klasse, das ist wirklich sehr diskret.
    Zumal ne Feldhose / Cargohose, die in den Boots getragen wird, eh am oberen Rand der Stiefel meist ein wenig überhängt...Dann ist optisch auch der Griffring "verschwunden"...

  • für die halbschuh- oder sogar sneakerträgerInnen unter uns gibts ja sonst noch eine manschette um kydexen dran zu befestigen. beim ka bar tdi ankle knife ist so eine dabei, die ich mir vor jahren mal erdealt habe, und ich habe das ne zeit lang anstatt neckknife so getragen. abgesehen davon daß es am knöchel stets recht warm war ist das sehr komfortabel.


    michael janich hat irgendwo mal vorgeführt, daß die tip up trageweise am knöchel, sei es im stiefel oder an einer halterung, durchaus vorteile bringt, gerade wenn mensch am boden in einer ordentlichen bodenhaltung (füße aufgestellt, auf dem rücken) verharrt und sich gegen eineN überlegeneN angreiferIn verteidigen muss.
    abgesehen davon daß die haltekraft einer kydex dann sehr stark sein muss, fand ich das plausibel.

  • Hier mal mit besen Grüßen an Kumpel Idox noch mal ein Bild mit dem Enyo, sozusagen als Referenz-Modell.
    Ich hab tatsächlich bislang noch kein in dieser Position besser passendes Messer gefunden.
    Dienstlich konkurriert es mit dem SOCP von BM, aber im Privatgebrauch ist es auch derzeit mein Favorit:




    Hier mal im Vergleich ein KA-BAR Neckie, das ein wenig länger ist.
    Nach oben hin durchaus tolerabel, unten setzt es aber recht tief an und würde beim Abknien usw. dann unten an den Spann drücken.
    Wäre absehbar bei längerem Tragen irgendwann unangenehm vorn auf der Zunge, ist eher etwas für die klassische seitliche Position.




    Und jetzt hier der aktuelle Zulauf, ein PS-Klon:
    Ist farblich ein wenig auffälliger als das Enyo.
    Da ich ja meist die Hosen in den Stiefelschäften trage, käme das PS somit eher in Betracht, wenn es auch etwas mehr "ins Auge fallen" darf - also eher beim Wandern als in der Stadt.



    Interessant ist die Möglichkeit, es für schweres Gelände ggf. auch mit einer Sicherungslasche in dieser Position zu tragen.
    Letzten Winter hab ich mir beim Überklettern eines verschneiten quer über den Weg gefallenen Baumes das Enyo herausgezogen. Glücklicherweise hab ich es direkt hinter dem Baum gemerkt und bin vorsichtig zurück. Das Messer hat tatsächlich nur noch mit den hintersten 2 cm des hinteren Knotens hinter dem Griff zwischen Astwerk und Schnee herausgelugt, EIN weiterer Kontakt mit dem Zweig ohne Sichtung, und es wäre weg gewesen....Das hat mich schon nachdenklich gemacht...



    Kein Thema für ne normale Wandertour.....aber wenn solche "Stunts" mal absehbar anliegen, wär der günstige PS-Klon da schon eine Überlegung wert, auch wegen der Sicherungsmöglichkeit.

  • Da stimme ich 100 % zu . Leider wird oft das sichtbar tragen von ein Messer als "aggressiv" erfahren.
    Lange her (ja ich bin nicht mehr jung) bewachten wir Munitionslager, ich hatte ein FN GP und eine Vigneron MP. Es gab damals RAF, Bader Meinhof, CCC.
    Mein Gerber würde nicht akzeptiert (tragen sollte verdeckt sein weil so ein Messer viel zu aggressiv aussah.

  • Ich gleiche das gern durch mein freundliches Erscheinungsbild aus :)


    Und wenn ich in bekannten Gegenden wandere, fliehen auch nur noch ganz Wenige.......


  • Wandern mit dem Enyo-Klon...



    Das Paracord passt schon prima, das Grün auf dem Metall muss ich noch nachbessern.


    Das Messer ist wirklich ne Nummer grösser als das Original und macht sich optisch am Bein doch mehr bemerkbar, stört aber haptisch nicht.


    Ist halt was für den Wald so....und für "offenen Einsatz" :)

  • Ich hatte damals immer diese Knöchelholster genäht, habe auch noch einen, an dem ich ein Coldsteel fixed trage. Am Schuh habe ich noch nie ausprobiert, werde ich mal machen, danke Micha für den ausführlichen Bericht

    Ehre und Robustheit !

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