Hilfe bei Recherchen/Erste Hilfe/Prioritäten bei mehreren Verletzten

  • Aaaahhhh! Jetzt kommt Licht ins Dunkle.


    Also: Ich behaupte mal: NEIN, für Laien gibt es keine Handlungsanweisung.


    Und ich sehe es nicht als moralisch verwerflich an, meine Ressource "Zeit", eher einem Schwerverletzten zu widmen, als Sterbebegleitung zu machen. Es klingt so hart, aber wenn ich am Ende des Tages feststellen kann, dass ich jemanden gerettet habe und jemand, der augenscheinlich so oder so nur noch begleitet werden, eh tot ist, würde mir das moralisch viel helfen und mich als Laie motivieren, wieder zu helfen und nicht wegzuschauen oder zu trotzen und denken: "Hat letztes Mal ja auch nichts gebracht!"

    Rock´n Roll, Ladies and Gentlemen! Cheers, Henrik!

  • Es wäre sicher hilfreich für solche Fälle eine klare Verhaltensregel zu haben, denn egal wie man sich hier entscheidet, ohne guter Nachbereitung ist die PTBS schon fast garantiert.
    Eine festgeschriebene Regel KANN hier helfen.
    Einfach wird sowas nie!


    VIEL ERFOLG bei der Arbeit!

  • Lösung gibt es keine. Solange man hilft, kann kaum moralisch verwerflich handeln.


    Hab bei Drombowski (Danke!!) ne gute Stelle gefunden. Da heißt es: Keine Atmung=Keine Behandlung.
    Weil in der Zeit, die man beatmet, mehr Leute sterben könnten.
    Sowas suche ich.


    Irgendwie geht die zivile Erste-Hilfe immer nur von einem Verletzten aus.
    Meistens ist es so, aber bei Verkehrsunfällen steigt die Zahl der Verletzen oftmals.


    Gruß,
    der Dude

  • Aus meiner Sicht kann es keine Handlungsanweisung geben. Sieht man es von der ganz strengen Seite, ist jemand, der sich mit einer Handlungsanweisung beschäftigt, schon kein Laie mehr. Also würde ich hier differenzieren.
    Zudem ist einem Ersthelfer nicht zuzutrauen, dass er Verdachtsdiagnosen stellt und Vitalparameter erhebt, womit überhaupt erst eine Priorisierung oder im weiteren Verlauf eine Sichtung möglich wäre.
    Man muss sich nur den Verlauf der Leitlinien für die Reanimation ansehen, um zu begreifen, was von einem Ersthelfer verlangt werden kann. Früher war es keine Atmung und kein Puls, an den Carotiden gefühlt. Dann ist man auf keine Atmung gegangen. Mittlerweile lautet die Empfehlung, dass der Ersthelfer reanimieren soll, wenn der Patient bewusstlos ist und nicht mehr normal atmet.


    In einer Ersthelferausbildung bekommen die Leute auch nur Einzelmaßnahmen beigebracht, weil mehr in der kurzen Zeit überhaupt nicht möglich ist und im Zweifelsfall auch nicht hängen bleibt.


    Du könntest dir mal die ERC Guidlines von 2010 ansehen, in denen es unter anderem um die Reanimation geht. Dort findet sich auch etwas zum ethischen Aspekt: http://www.cprguidelines.eu/2010/

  • Ich stimme Dir zu, dass es einem Ersthelfer nicht zuzutrauen ist.
    Trotzdem muss er eine Entscheidung fällen, wem er hilft.
    Und wenn er keine Ahnung hat, wären Leitllinien hilfreich. Dann handelt er nach einem Schema,
    was in vielen Fällen zutrifft ist. Dann muss er keine Entscheidung/Fehlentscheidung bezüglich der Einschätzung der Verletzungen treffen.


    Der Dombrovski hat so ein Szenario auf die Situation im Feld runtergebrochen.
    Das scheint was zu sein.


    Gruß,
    der Dude

  • Hallo Dude,


    Vielleicht ist dass auch noch was für Dich.


    http://www.samariter.ch/de/i/t…ntent---1--1085--103.html


    http://de.wikipedia.org/wiki/Advanced_Trauma_Life_Support


    Wichtig ist es wie bei der Schusswaffe, einen Drill zu haben, so dass man auch unter Stress richtig reagiert.
    Wr besuchen alle Jahre einen Kurs über ABC und CPR, finde dass dies einer von den wichtigsten Weiterbildungen ist.



    Gruss


    Sacha

    „Wenn du Frieden willst, redest du nicht mit deinen Freunden. Du redest mit deinen Feinden.“

  • Das ist genau der Punkt, sowas muss ständig geübt werden.
    Ich persönlich halte es einfach für unnötig hier ein System für Laien/Ersthelfer zu etablieren. DIe Beurteilung von einem Patienten alleine ist schon schwierig genug, dies auch noch bei mehreren Gleichzeitig+ gegeneinander abwägen, das ist ohne medizinische Kenntnisse einfach nicht drin.
    Weiterhin möchte ich nochmal darauf hinweisen dass Leitlinien/Algorythmen kein Allheilmittel sind. Um diese wirklich sicher anwenden zu können braucht man ebenfalls (eine gewisse) Erfahrung+Wissen, nicht zuletzt auch um zu wissen wann von den Leitlinien auch mal abgewichen werden muss.


    In Fällen, wo man sich als Ersthelfer vor mehreren Verletzten wiederfindet muss man sich auf seinen (hoffentlich gesunden :P) Menschenverstand und Intuition verlassen. Und so wie ich das sehe, ist das auch völlig ausreichend.

  • Richtig, ATLS ist doch kein Werkzeug für den Laien, genauso wie PHTLS.


    Es gibt Konstrukte, die sich nicht lösen lassen, egal ob moralisch oder sonstwie.
    Nehmen wir mal folgendes Beispiel: Zwei Leute gehen irgendwo in der Pampa Wandern, einer fällt um und ist reanimationspflichtig. Handynetz gibt es nicht. Also gibt es zwei Varianten:
    A) NIcht reanimieren und Hilfe holen.
    B) Reanimieren und keine Hilfe holen.


    Das Resultat ist zu 98% identisch, der Patient wird versterben. Moralisch, juristisch, medizinisch, es gibt keine Lösung.

  • Ein mir befreundeter aktiver Rettungssanitäter erzählte mal, zuerst kommen die dran die schreien, also die die deutliche Lebenszeichen aufweisen.
    Die Stillen kommen danach.
    Heißt: je höher die Rettungschancen desto höher die Priorität.
    Aber wie gesagt: nur Hörensagen und keine Ahnung inwieweit das gängige Praxis oder repräsentativ ist.


    Gruß Thomas

    "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht."

  • Das hast du wahrscheinlich Vertauscht.


    Leute die Schreien können atmen, sind bei Bewusstsein und haben folglich auch (noch) einen stabilen Kreislauf.


    Die stillen sind es, bei denen man zuerst schauen muss, da mutmaßlich bewußtlos und folglich in einem akut Lebensbedrohlichen zustand.

  • Kann sein, ist auch schon etwas her. :shrug:
    Aber soweit ich mich erinnere, meinte er: die scheinbar Sicheren werden als erstes abgecheckt, könnten ja auch Blutungen und sonstwas vorliegen.
    Aber Rettung erfolgt in Reihenfolge der Rettungschance, es wird erstmal keine Zeit in die hoffnungslosen Fälle investiert.


    Gruß Thomas

    "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht."


  • Aber wie gesagt: nur Hörensagen und keine Ahnung inwieweit das gängige Praxis oder repräsentativ ist.


    Die richtige Basis für einen Beitrag hier :thumbup:

    "Konstrukteur von titanenhaften Endzeitwaffen" + "mit empfindlichem Magen"
    Juchten, 2011 + Der Uffpasser, 2012 ;)


  • Die richtige Basis für einen Beitrag hier :thumbup:

    Zumindest damit sicherlich nicht weniger als du allgemein so beiträgst. :P


    Damit wollte ich nur klarstellen, daß ich keine wissenschaftlich oder sonstwie gesichert belegbaren Kenntnisse biete.
    Das ist quasi nur aus dem Gedächtnisprotokoll von einem Mann aus der Praxis.


    Gruß Thomas

    "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht."

  • Ich will nix etablieren.
    Sondern ich hab bisher gedacht, dass es irgendwas sinnvolles für Ersthelfer bereits gibt und wollte das ethisch betrachten.
    Aber wenn die Profis sagen, es solle nix geben, dann ist dem wohl so.
    Finde es, aber schon ein wenig komisch, dass man "Münze" werfen soll anstatt taktisch klug zu entscheiden.


    Vielleicht sollte ich nochmal sagen, dass es um Laien/Ersthelfer und um Erstversorung (keine Behandlung, OP oder mehrwöchiger
    Polytrauma-Behandlung).


    Allerdings scheint es, dass bei der Bundeswehr die Lücke auch aufgefallen ist und dort geschlossen wurde.
    Da werde ich meine fehlende Infos herholen.


    Danke für die Tipps und Links.
    Aber alle allgemeinen Links zur Erste-Hilfe geben leider immer nur Tipps und Erklärungen, wenn einer verletzt ist.
    Das ist im Haushalt oft so, im Begegnungsverkehr weniger.


    Insgesamt kam aber viel bei rum.
    Danke für Eure Hilfe. Besonderer Dank an den weißen Hai, der, neben frechen Bemerkungen, die interessantesten
    Quellen abgeliefert hat. Hab mir den Dombrowski gekauft. ;)


    Gruß,
    der Dude

  • Finde es, aber schon ein wenig komisch, dass man "Münze" werfen soll anstatt taktisch klug zu entscheiden.

    Du hast dir also nicht die Mühe gemacht, alle Beiträge durchzulesen?


    Gruß Thomas

    "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht."

  • Doch! Und Links und Hinweise auf Literatur, habe ich auch gelesen.


    Aber wenn Du Deinen Beitrag meinst mit: "Erst die, die schreien! Oder warst doch umgekehrt!?"
    Habe ich
    a) Bedenken, das in meiner Hausarbeit aufzuführen, die benotet wird!
    b) Skrupel es so anzuwenden, wenn Du Dir selber nicht sicher bist!


    Gruß,
    der Dude

  • Ich war schon als Triage-Arzt, nur auf Übungen, tätig (bsplw. Blue Travel 2011) und musste mich als Nicht-Anästhesist/Rettungsmediziner damals auch erst einlesen/einarbeiten: die Buchempfehlungen vom Weissen Hai kann ich unterschreiben...

  • Servus



    Ich hätte da noch was zum Thema von der Militärischen Seite her... Nennt sich abgekürzt TCCC
    In Pfullendorf findet dazu jedes Jahr ein Treffen statt wo Militärische Ersthelfer und Ärzte so wie auch von Polizei ihre Erfahrungen aus den Einsätzen des vergangen Jahres teilen.
    Es sind auch viele Vertreter vor Ort wo man sinnvolle und weniger sinnvolle Artikel abgreifen kann, und es gibt Vorführungen...


    Hier der Link von 2013: http://dgwmp.de/veranstaltungs…27_8._TCCC_Juni_2013.html



    MFG Naddl

    Der PC hilft uns bei der Lösung von Problemen die Wir ohne Ihn nicht hätten!

    Einmal editiert, zuletzt von Naddl ()

  • Hallo Dude,
    ich weiß nicht in wie weit du Nehberg als Zitierfähig für deine Arbeit hällst, in seinem "Medizin Survival - Überleben ohne Arzt" geht er aber etwas auf das Thema ein. Gerade auch für Laien.


    Er schreibt:

    • 1) Unfallstelle sichern. Bringt ja auch nichts wenn du nachher noch verletzt daneben liegst.
    • 2) Blutung(en) stoppen, dabei bei dem beginnend der am stärksten blutet.
    • 3) Wo keine Atmung mehr mit der Wiederbelegung beginnen wenn bei allen die Blutung steht.
    • 4) Alle in stabile Seitenlage bringen.

    Bei Brandverletzten führte er eine weitere Bewertungsskala ein. Von wegen wenn jemand über 30% Verbennungen 3.Grades hat hat er keine Überlegenschancen und sei ihm zufloge der der als letztes versorgt wird. (Was die 30% angeht ist das was bei mir hängen geblieben ist. Im Zweifelsfall bitte nochmal nachschlagen.)

    Mankind must put an end to war, or war will put an end to mankind.
    JFK

  • Zitat

    Das würde ich so nicht unterschreiben - ist auch fachlich so von der Abfolge nicht richtig.


    Punkt 1 ist richig und der Eigenschutz hat immer höchste Priorität. Dann folgt Überblick verschaffen - das kann auch beim Laienhelfer bedeuten, nochmal den Notruf zu wählen und einfach nur die Zahl der Betroffenen grob durchgehen - es ist ein Riesenunterschied, ob der Disponent für 5 (was bei einer bestimmten Stadtgröße noch fast mit dem normalen Tagesgeschäft mit abgefrühstückt werden kann), oder für 15 Personen Rettungsmittel bereitstellen muss. Irgendwo kommt halt die Grenze wo auf Ehrenamtliche/Überörtliche Hilfe ect zurückgegriffen werden muss und da ist es natürlich sinnvoll, so etwas frühstmöglich anzufordern, da die ja auch erst nach einiger Zeit an der Einsatzstelle sind - da redet man durchaus im Bereich von 30 - 60 min.
    Der zweite Punkt (Blutung stillen) ist auch richtig und wichtig - hier würde ich noch Punkt 4 mit einsortieren - Verbluten an Extremitätenwunden und Sterben an verlegten Atemwegen kann man recht einfach begegnen - also Druckverbände und Kopf überstrecken (meist also im Rahmen der Stabilen Seitenlage , aus einem ähnlichen Grund sind für diese Phase ja auch oft Wendltuben im militärischen Bereich anzufinden).


    Punkt 3 (Wiederbelebung) sehe ich in der Auflistung am kritischten - vor allem an der Stelle, da hat die stabile Seitenlage deutlich höhere Priorität.


    Sollte man dieses (Sichern, Rückmeldung/Notruf, gravierende Blutungen Stillen und bewusstlose Personen entsprechend lagern) bei mehreren Verletzten schon geschafft haben, sollte so langsam das erste Rettungsmittel vor Ort sein - auch in dieser Phase ist man über engagierte Laienhelfer dankbar, die z.B. leichtverletzte betreuen usw. Falls noch nicht, würde ich je nach Situation agieren, andere Ersthelfer einweisen,koordinieren, Wärmeerhalt, je nach Menge der Helfer auch Wundversorgung bei Leichtverletzten, und ggf. auch jetzt die Wiederbelebung.


    An Literatur:
    http://www.bbk.bund.de/SharedD…df?__blob=publicationFile
    kostenloses Buch des Bevölkerungsschutzes, darin auch das Kapitel Ethische Aspekte der Sichtung sowie zahlreiche Erklärungen - und sicherlich zitierfähiger als Nehberg ;)

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