Schwerter

  • Danke für den interessanten Text Roman. Ich frage mich nur, ist es nicht möglich mit der heutigen Technologie Antworten auf so viele dieser Fragen zu finden??? Ich meine, es muss doch eine Möglichkeit geben Funde von alten Schwertern usw. richtig zu analysieren und Antworten wenigstens auf einige von so vielen Fragen zu finden.


    Für mich ist es faszinierend wie diese alten Technicken unserer heutigen so fortgeschrittenen trotzen.

    vae victis

  • Bezüglich Wikingerschwerter habe ich heute, inspiriert durch Kibos
    Fragen, etwas in meiner Literatur und im Internet recherchiert und bin
    auf sehr interessante Informationen gestossen.

    Wie schon von Juchten erwähnt, dürfte
    man sogar die wenigsten wikingerzeitlichen Schwerter als von Wikingern
    geschmiedet bezeichnen dürfen. Die meisten kamen als Klingen importiert
    aus England, Schottland oder Franken, da man in Skandinavien zu dieser
    Zeit kaum Waffen hoher Qualität produzieren konnte und wurden dann dort
    vervollständigt. Bis zum Embargo der fränkischen Herrscher durch die
    Zunahme der wikingischen Raubzüge kamen viele Klingen aus dem Rheinland.


    Durch
    die europäische Tradition der Grabbeigabe von Waffen im Gegensatz zur
    japanischen Tradition der Weitervererbung sind leider nicht viele
    erhalten. Ebenso das Wissen um ihre Herstellung.


    In einem Buch
    fand ich eine Abbildung, die die Vermutung Kibos, daß diese Schwerter
    aus einem weicheren Kern bestanden, bestätigt. Dort ist ein Querschnitt
    durch eine Klinge zu sehen, die in ihrem Kern aus Eisen besteht, der
    beidseitig mit einer Auflage aus Damast versehen wurde. Dieses Paket
    wurde dann an den Kanten mit Stahlschienen versehen. Die Information aus
    meinem letzten Post, daß das tordierte Paket in der Mitte der Klinge
    der Stabilität dient, hatte ich auch aus einem Buch. Wenn dieses Paket
    (Mitte) nicht gehärtet wurde, kann es doch weicher sein, als das Paket
    der Klingen unabhängig davon, ob es Damast ist oder nicht, oder Juchten?
    Was meinst Du dazu?

    Darüber hab ich auch was
    gefunden. Es wird von selektiver Härtung gesprochen, die bereits die
    Schwerter der Funde um das
    Nydam-Schiff (320n.
    Chr.) bezeugen. Ebenso können die am meisten in Skandinavien
    gefundenen, wohl aus fränkischen Werkstätten kommenden
    Ulfberth-Schwerter,
    genauso wie allgemein die Schwerter aus dem fränkisch-alemannischen Raum
    selektiv gehärtet worden sein.


    Hier noch zum Nachlesen:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Spatha_%28Schwert%29
    http://de.wikipedia.org/wiki/Waffen_%28Wikingerzeit%29

  • vielen Dank für deine Recherchen Eule, Du hast dir damit wirklich Mühe gemacht.


    Vorab Kibo, deine Frage ist durchaus berechtigt, diese ganzen schlauen Laborleute heutzutage können wohl herausfinden was in dem Stahl drin ist, nur wie die das damals angestellt haben wissen sie nur zum Teil. Man kann sich einfach ein gutes Essen vorstellen bei dem auch Kartoffeln gereicht werden, jeder weiß wie man eine gekochte Salzkartoffel erkennt, nur woher die Kartoffel stammt und welches Salz oder Wasser und wie lange die Kartoffeln gekocht wurden, das weiß man nicht. Oder man sieht es mehr kunstfertig, jeder der sich dafür interessiert weiß aus welchem Holz eine alte gute Geige gemacht wurde (die weniger guten natürlich auch), die Bäume wachsen heute auch noch, aber trotzdem ist kein Sägewerksbesitzer mit Universitätsabschluss in Holzkunde in der Lage eine Stradivari zu schnitzen.
    Seid mir nicht böse wenn ich jetzt nicht so akribisch recherchiere, gehen wir das Ganze einfach mit einfachen Umkehrschlüssen an.


    Die Wikinger, wenn einer diese Burschen für irgendwelche alles plattklopfenden Grobiane hält, dann ist er falsch gewickelt. Wenn eine Kultur derartige Schiffe bauen kann und einer derart rüden Natur trotzen kann, dann hatten die Wikinger vermutlich viel mehr Wissen drauf als wir es uns heute vorstellen. Was Waffen betrifft wundert es mich nicht dass sie größtenteils aus dem Ausland stammten, die Herstellung ist aufwendig und dort oben im Norden war man derart damit beschäftigt zu überleben dass man vermutlich nicht auch noch diese Art des Handwerks bis zur absoluten Blüte bringen konnte. Schade eigentlich, sie saßen dort oben auf sehr hochwertigen Erzen, leider hätten sie tief buddeln müssen.
    Ein heutiger Unternehmensberater hätte einem Wikingerkönig übrigens für die importierten Waffen gratuliert: "Bravo mein Guter, halten Sie sich nicht mit dieser Waffenherstellung auf und denken Sie global, -Outsourcing- ist das Zauberwort, um Erfolg zu haben beschränken Sie sich auf das was Sie am besten können, Boote bauen und leicht aggressiven Außenhandel."


    Was das Niederschreiben von Techniken der Stahlerzeugung und der Weiterverarbeitung betrifft, das man so etwas nicht niederschrieb kann mehrere Gründe gehabt haben. Grundlegend glaube ich mal daran dass der Schmied einfach nicht schreiben konnte, wenn man am Amboss steht und dort alles von Hand machen muss lassen sich die Gänsefedern nicht mehr so leichthändig anspitzen, zudem hatte man keine Zeit irgendwelche Klöster aufzusuchen, um die hohe Kunst des Schreibens zu lernen.
    Wo wir gerade bei den Klöstern sind, natürlich wurde dort alles niedergeschrieben, da gab es Bibeln, Bibeln und Bibeln, dann diverse andere religiöse Bücher - wie Bibeln. Natürlich gab es noch andere Bücher, aber es waren meist Bücher für Leute die Geld hatten, und die kümmerten sich nicht um Handwerksangelegenheiten, Handwerker waren da und sollten gefälligst das tun wozu sie da waren und das Maul halten. Es gibt diverse Gedichte, Singsang, großartige Kriegserlebnisse von Chronisten niedergeschrieben (ausnahmslos Lügner) und was weiß ich nicht noch alles, aber es wäre doch keinem Mann von Stand eingefallen bei einem Schreiber und Buchhersteller ein Buch anfertigen zu lassen was über Schmiedearbeiten oder das Gerben von Häuten handelt.


    Dann gibt es vermutlich noch eine Erklärung für das Fehlen expliziter Anweisungen der Stahlherstellung und dem Schmieden von Waffen. Alles was man niederschreibt kann gestohlen werden und jeder Schmied weiß wenn er die Aufzeichnungen eines anderen Schmieds in der Hand hat und lesen kann, oder vorgelesen bekommt, um was es geht, und was noch viel wichtiger ist -wie es geht-. Sagen wir einmal so, es gab Grimoires über das Heraufbeschwören von apokalyptischen Zuständen, man konnte diverse Dämonen heraufbeschwören und ihnen dann aus einem Gedichtsband für das Betören von Edelfrauen ein paar Zeilen vorlesen, oder auch einfach sonst etwas, Atlanten mit sehr wagemutigen Einteilungen unserer Erde, natürlich alchimistische Schriften (fast ausschließlich samt und sonders Unsinn, was sollte auch jemand niederschreiben der das ganze Jahr tags und nachts irgendwelche Dämpfe einatmet oder gelegentlich einfach explodiert mit seinem Plunder), Abhandlungen über dies und das was man als Mann oder Frau von Stand so brauchte oder glaubte zu brauchen, aber kein anständiges Handwerksbuch.


    Ich stelle es mir mal so vor. Der Herr Adelige hat einen Schmied der einwandfreie Schwerter schmiedet. Sehr schön, er begibt sich mit seinem Schreiber (natürlich konnten die Adeligen auch nur zum Teil schreiben, es war nicht unabdingbar nötig schreiben zu können um adelig zu sein, es reichte durchaus einfach brutal und gefühllos zu sein) zum Schmied und lässt genau alles aufschreiben wie man ein solches Schwert herstellt. Das Büchelchen wird natürlich einen wohlklingenden Namen bekommen und in die Bibliothek eingereiht werden, man kann zwar selbst bestenfalls nur ein paar Buchstaben mühsam lesen, aber als Mann von Welt hat man ein paar Bücher. Nachts wacht unser Herr Adeliger schweißgebadet auf und es kommt ihm die Erkenntnis dass er mächtig Mist gebaut hat, das Büchelchen beschreibt ja exakt wie man diese excellenten Schwerter herstellen kann und es steht einfach so zwischen den paar anderen Büchern. Flugs steht er auf, streift sich die leichten Blechstiefel Nr. 4 -für Ausflüge in der Burg- über, gürtet sein Schwert über den haarigen Schlafrock, eine leichte Kettenhaube wirds wohl tun bis zum Bücherraum. Klappernd wie ein Schlossgespenst rappelt er in die Bücherecke, greift das Büchelchen mit dem Titel "ueber dass aufklauben der richtigen steine und das schmyden einer schwertklinge" und wirft es so schnell wie möglich in das nächste Kaminfeuer was noch ein bißchen Glut zeigt. Die großen Hunde davor bleiben übrigens unbeeindruckt, sie haben um diese Zeit schon schlimmeres gesehen.


    Mit einem Wort, welcher Schwachsinniger hätte etwas niederschreiben lassen was einem anderen landgierigen Halsabschneider genützt hätte um ebenfalls so gute Waffen in die Hand zu bekommen wie man sie selbst hat.


    Und ja, die Franken haben excellente Waffen gemacht und waren schlau genug es nicht aufzuschreiben. Noch etwas, fast hätte ich dir Frage bezüglich der Härte der Schwerter vergessen. Es ist eigentlich ganz einfach, alles was nicht aufgekohlt war konnte nicht gehärtet werden, es fehlte einfach der Kohlenstoff.
    Viele Grüße
    Roman

    panta rhei

    Einmal editiert, zuletzt von juchten ()

  • Vielen Dank für eure ausführlichen und interessanten Texte.


    Juchten ich habe gemeint, wenn man heute im Labor feststellen kann welches Material mit welcher Zusammensetzung und Struktur verwendet wurde, dann könnte man vielleicht auch festestellen wie der Arbeitszyklus ausgesehen hat bzw. welche Techniken verwendet wurden. Das wollte ich damit sagen.


    Ich bin kein Metallurg und habe keine Ahnung von diesen Sachen, es war nur ein Gedanke meinerseits sonst nichts. Anscheinend ist es aber so daß man diese Techniken auch mit unseren fortgeschrittenen Laboruntersuchungen und der ganzen heutigen Ingenieurskunst nicht so ganz nachvollziehen kann, und das finde ich faszinierend. :)

    vae victis

  • Danke, Juchten, für die Antwort. Dann ist das mit der selektiven Härtung der Schneiden naheliegend.


    Kibo: Es gibt hochinteressierte Fachleute und Laien im Bereich der experimentellen Archäologie die versuchen, historische Verarbeitungstechniken nachzuvollziehen und zu analysieren. Diese Menschen hinterlassen uns erfreulicherweise ausführliche Literatur. Fachleute mit wirtschaftlichen Interessen hinterlassen uns Replika. :D


    Z.B.:
    http://www.metall-aktiv.de/hep…-neues-altes-schwert.html
    http://metall-aktiv.de/shop/he…detail&match=LISA_NR2=038
    http://metall-aktiv.de/shop/he…detail&match=LISA_NR2=153
    http://metall-aktiv.de/shop/he…detail&match=LISA_NR2=143


    Hier noch Klingenquerschnitte aus dieser Zeit:
    http://www.archaeologie-krefel…schwerter/abb5schnitt.jpg
    http://www.tf.uni-kiel.de/matw…pent-dateien/patweld8.gif

  • eh, du hast einen grund fuer die weicheisenkerne vergesen: es war schlichtweg billiger. bei den damals exorbitanten prisen fuer stahl, war man wohl um jedes gesparte bisschen froh

  • eh, du hast einen grund fuer die weicheisenkerne vergesen: es war schlichtweg billiger. bei den damals exorbitanten prisen fuer stahl, war man wohl um jedes gesparte bisschen froh

    Kommt auf das Material des Kerns an, ob das Eisen billiger war...


    http://phys.org/news150373962.html

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